Blog

Tell-Trail Etappe 5: Vom Glück des 3-fach Glücks

Claudia Schallauer
01.08.2024

Tag 6/10: Tell-Trail Etappe 5 - von Stans nach Engelberg

 

Der längste Tag… wie lang, kann ich nicht ganz genau sagen… da sind sich Track und Website nicht ganz einig. Fakt ist, ich habe Respekt vor der mit bis zu 10 Stunden angegebenen Gehzeit-Etappe, denn bzw. aber ich bin allein und weiß von meinen letztjährigen Tages-Solotouren, dass ich eine gute Tempomacherin bin.


Darum gönne ich mir in der Früh (nachdem ich brav die erste Auffahrt um 8:15 Uhr aufs Stanserhorn um günstige 2 CHF reserviert habe – und wohl als Belohnung das Riesen-Glück Nr. 1 habe, außen vorn beim Schaffner Platz zu nehmen), den nochmaligen Aufstieg zum Gipfel mit dem herrlichen, heute in Blau getunktes Panorama des Pilatus.

 

Ich finde über den Rundweg den Anschluss an die offizielle Etappenroute, die gleich mal mehrere hundert Höhenmeter bergab führt, eng, steil und teilweise rutschig. Aber ich bin gut ausgeschlafen, meine Beine sind munter und mein Hirn ebenso. Meine Stecken gleiten als 3. und 4 Extremität geschmeidig voraus. Nach einer gatschigen Gerade folgt ziemlich genau eine Stunde nach Aufbruch der erste Aufstieg. Und der hat es in sich von der Neigung – die Hitze drückt von oben dagegen.

 

Immer wieder freue ich mich über Waldstücke mit etwas Schatten. Ich erreiche die zwei Kleingruppen, die oben auf dem ersten Hügel waren, als ich an dessen Fuß gestartet bin. Zwar fühle ich mich wie eine Schnecke, die sich kaum bewegt, aber so langsam kann es dann doch nicht sein. Die Frau eines Pärchens fragt mich verlegen „Das sei nicht das Stanserhorn, oder?“. Sie sind am falschen Berg – da ich alleine unterwegs bin, bin ich heute mit zwei Offline-Tracks auf Nummer sicher und zeige ihnen unsere Position sowie die Möglichkeit eines Rundweg-Abstieges zurück zu ihrem Auto. Ich entschließe mich dabei, auch einen kleinen Umweg einzunehmen, und Pause 1 mit Blick auf das Arviskreuz und einen mir unbekannten See einzunehmen. Ein Apfel hilft gegen den Durst, ein Ovo-Riegel bringt Power – ein paar Schluck Wasser und weiter geht es.

 

Das Highlight des heutigen Tages, der Obwalder Höhenweg wartet. Eingerahmt von Blumen führt dieser schmale Pfad leicht coupiert, teilweise aber auch eben Richtung Süden. Es folgt eine coole Hangquerung, danach sehe ich einen ziemlichen Aufstieg warten.

Action Nummer 1 kommt aber unerwartet davor beim Passieren der Weide – als etwa zehn Mutterkühe und Jungstiere zu galoppieren beginnen und die vielen kleinen Kälber mit animieren. Gottseidank komme ich davor gut durch und höre nur von hinten die Hufe donnern.

Action Nummer 2 folgt mit einem doch sehr klettertlastigen, aber gut seilversicherten Stück, definitiv nichts für Personen mit Höhenangst und nicht-schwindelfreie. Das Abkraxeln mit schwerem Rucksack hat es in sich. Ein sehr nettes Pärchen, das mir hier entgegenkommt, wartet, bis ich gut auf der anderen Seite angekommen bin. (Auf dieses Teilstück wird nicht hingewiesen, anscheinend gab es mal eine leichtere Alternative mit Brücke!?)

Und weil alle guten Actions 3 sind: Mindestens 20 Schafe kommen in Folge auf mich zu – ein Schild: „Hier wachen Lamas“ hätte mich darauf vorbereiten sollen. Was ich bis zum Zusammentreffen nicht wusste: ALLE Schafe weichen brav aus und lasse mich passieren, die Alpakas allerdings NICHT. So muss ich etwas hochsteigen und den divamäßig stolzierenden „Schafhirten“ den Vorrang geben.

 

Auch hier gut alles gut, aber ich merke, dass ich geistig ermüde. Ein wunderschöner Rastplatz taucht wenige Meter vom Weg entfernt auf und lädt mich zur Mittagsrast und meinen gestrigen Resten aus Couscous und Linsen. Dazu eine Birne, salzige Nüsse und Datteln. Ich habe das Gefühl, dass ich gar nicht so viel essen kann, wie ich gerade verbrenne.

 

Es folgt ein konzentrationsforderndes Abstiegsstück bis zur einer Weggabelung. Ich habe aus den vergangenen Tagen gelernt und folgte heute dem Tourismus-gpx, das ich auf alpenvereinaktiv offline runtergeladen habe. Immer wieder werfe ich zur Sicherheit einen Blick in die Eurotrek App – und gottseidank auch hier, dann hier trennen sich die Wege. Ich lese kurz nach und sehe, dass der Tourismus-Track noch drei Stunden Gehweg eingeplant hat – jener von Eurotrek nur mehr eine – und keinen Gegenanstieg wie bei ersterem. Für heute habe ich wirklich genug vom Aufsteigen – so schön die Strecke bisher war, so fordernd war sie durch den ständigen Wechsel aus Auf- und Abstiegen unter immer noch restnassen Bedingungen.

 

In Eggen wartet wieder eine Anrufgondel – welch Glück habe ich, dass schon drei Personen vor Ort sind und ich kaum zwei Minuten später als Vierte die blaue Kabine komplettieren darf. Einmal zahlen und umsteigen und dann befinde ich mich schon viele Höhenmeter weiter unten. Ich widerstehe der Taxieinladung meiner Mitgondler und gehe brav die letzten 25 Minuten zur Zughaltestelle, wo ich um 16:00 Uhr eintreffe und leider 38 Minuten auf meine Verbingung warten muss. Ein sehr nettes Gespräch mit meinem Sitzbanknachbarn, die Birne und ein halbes Sandwich verkürzen mir diese Zeit genussvoll.

 

Mit entzückenden Fassaden empfängt mich Engelberg, es erinnert mich ein bisschen an den k.u.k-Kurgäste Charme von Meran oder der Davoser Schatzalp. Einmal noch Glück haben, denke ich, denn ich habe vergessen, mir die Adresse des Hotels rauszuschreiben und hoffe, dass das Hotel Engelberg jenes ist, das hintenangestellt noch Trail heißt. Ist es, ich werde mehr als herzlich empfangen und kann mein Glück 3 gar nicht glauben, dass heute ein Balkon auf mich wartet – Shirt, Hose, Socken, Schuhe und Rucksack benötigen dringend eine Frischluftdusche und ich die nasse Variante mit Haarwäsche.

 

Tag 6/10: Tell-Trail Etappe 5 - von Stans nach Engelberg

Etappeninfos:

  • Start/Ziel: Stans/Engelberg
  • Strecke: 15 km, 1.145 hm bergauf, 1.575 hm bergab
  • benutzt: Cabrio-Bahn Stanserhorn
  • Zug Grafenort nach Engelberg (fährt nur alle Stunden!)
  • Highlights: Nidwalder Höhenweg, Cabrio-Bahn
Kategorien Natur Bewegung Auszeit